uschy & marco

Tagebuch vom 14. bis 28. Februar 1998

14. Februar. Endlich ist es soweit. Wir fliegen für zwei Wochen  nach Oregon und freuen uns, unsere Freunde Mary und Mark wieder zu sehen.

Glück im Unglück am Flughafen. Glück dass wir schon zeitig dort waren, Unglück, dass unser Flug nach Atlanta überbucht war. So was hört man ja immer wieder, aber wenn es einem dann selber trifft, ist es schon stressig.

Also nichts wie los mit dem ganzen Gepäck zum Delta Airline Büro wo wir umgebucht wurden. So kam es dann dass wir Stunden später mit einem Jumbo der Swiss Air nach New York abhoben. Nach gut acht Stunden erreichten wir unser erstes Ziel, den JFK Airport.
Die Zollabfertigung verlief schnell und unbürokratisch, wir konnten unser Gepäck schon bald für den Weiterflug nach Portland aufgeben, so meinten wir, aber unser nächster Halt galt Seattle. Wir vertrieben uns die verbleibende Zeit bei einem Bier bis unsere Reise um 17.50 endlich weiter ging.
Der Start über das Lichtermeer der Millionenstadt war äusserst beeindruckend und überwältigend. So was hatten wir noch nie erlebt. Einfach gewaltig diese Grösse der Stadt.

Wir waren bestimmt schon 24 Stunden auf den Beinen als wir endlich in Portland ankamen und die Müdigkeit machte sich bei uns allen bemerkbar. Wir mussten ja auch noch unseren Mietwagen bei AVIS in Empfang nehmen, was auch noch dauerte. Zu unserer Freude bekamen wir einen tollen Mini Van der Marke Plymouth. Genau das richtige für uns vier.

Gegen Mitternacht fielen wir todmüde in’s Bett. Schlaf brachte uns die Nacht nicht viel, fast jede Stunde wachten wir wieder auf, war wohl der Zeitverschiebung zu zuschreiben. Bruno und Michi machten das selbe Prozedere durch.

Am Morgen ging es um 6.30 Uhr bereits los und wir waren alle gespannt, was uns wohl erwartete. Marco war vor einem Jahr schon einmal hier und kannte sich ja bestens aus. Meinte er, und wir auch. Nach geraumer Zeit sichtete ich ein Schild Airport und das Ganze kam mir schon eher suspekt vor.

Zwei Flughäfen in Portland? Nein, da stimmte doch was nicht. Tatsächlich, wir fuhren im Kreis herum.
Wir kamen aber doch noch auf den richtigen Weg nach Süden und bald einmal machte sich der Hunger bemerkbar. In Tigard stoppten wir bei Elmers Pancake and Steakhouse um uns zu stärken.
Frühstück bei Elmers
Während ich mich mit einem normalen Frühstück mit Pancake, Rühreier und Speck begnügte, bestellten sich Marco, Michi und Bruno doch tatsächlich ein Steak und dass zum Frühstück! Als Beilage gab es dazu noch Rührei, Rösti, French Toast, Pancake, Butter und Konfi. Die drei versicherten mir auch dass sie das alles mit Absicht geordert hätten, also ich weiss nicht, lag es vielleicht doch an der Verständigung? Wie auch immer, es wurde alles aufgegessen. Und dies für nur 8 Dollar. Unglaublich.

Kurze Zeit später steuerten wir noch einen Safeway an um ein paar Kleinigkeiten zu kaufen. Bruno kam nicht mehr aus dem Staunen heraus. Für ihn war das alles neu und so einen grossen Laden hatte er noch nie gesehen. Auch von den Portionen und Preisen war er überwältigt und konnte kaum glauben was er zu sehen bekam. Auch für mich sind diese  Einkäufe immer wieder ein Erlebnis.
Einkauf im Safeway
Auf dem Highway 99 ging es weiter durch wunderschöne Landschaften, irgendwann bogen wir auf die 18 ab Richtung Lincoln City. Auf schönen breiten Strassen rollten wir friedlich durch diese faszinierende Gegend, erfreuten uns am Regenwald und um die Mittagszeit sahen wir das Meer. Wir freuten uns wie kleine Kinder.

Auf dem Highway 101 ging es weiter der wild schäumenden Küste entlang und dies war wohl das Tollste was wir bis jetzt gesehen hatten. Meterhohe Wellen rollten gegen das Ufer und überschlugen sich Gischt speiend an den Felsen. Ein gewaltiges Schauspiel.

Natürlich mussten wir immer wieder stoppen und konnten uns kaum satt sehen an dieser traumhaft schönen Landschaft. Beim ersten Leuchtturm  dem „Heceta Head Lighthouse“ mussten wir auf meinen Wunsch hin auch wieder anhalten. Ich finde Leuchttürme klasse, sie üben auf mich eine unheimliche Faszination aus, als hätten sie eine dunkle Seele und bestimmt könnten sie viele schaurige Geschichten aus der Gründerzeit erzählen.
Juhui, am Meer
Die vermeintlichen Hölzer welche im Meer trieben entpuppten sich schon bald als Seelöwen und bei genauerem hinsehen entdeckten wir ganz viele davon. Einige liessen sich vom Wasser tragen, andere ruhten auf den Felsen aus.

Das Wetter wechselte von heiter Sonnenschein bis hin zu kurzen aber heftigen Regenfällen. Dies ergab ein sehr stimmungsvolles Bild, fast schon mystisch. Die Gegend hier ist abgesehen von der Holzindustrie und deren Folgen wunderschön. Wir waren aber trotzdem froh, als wir gegen 16.00 Uhr bei unseren Freunden in der Steelblue Chameleon Lodge ankamen.

Die Freude über das Wiedersehen war gross und musste zuerst einmal gebührend gefeiert werden. Noel ein Gast, welchen Marco vom letzten Jahr her kannte war auch anwesend. Später stiess noch Dave der Guide der Lodge dazu und schlussendlich Scott, welcher auch auf der Lodge als Guide arbeitet.

Um 19.00 Uhr wurde uns ein feines Abendessen aufgetischt, Salat vom Buffet, Steak vom Grill und uns unbekannte Pilze. Es schmeckte vorzüglich. Inzwischen schüttete es draussen was das Zeug hielt. Wir sassen noch ein Weile gemütlich zusammen, bis wir dann um halbzehn müde und glücklich in die Federn fielen. Die Männer wollten ja morgen um 6.00 Uhr schon wieder aufstehen um angeln zu gehen.

Am 16. Februar um 6.00 Uhr klopfte Mark an die Tür. „Fish on“. Diese Worte sollten wir nun jeden Morgen zu hören bekommen. War ich froh dass ich noch liegen bleiben konnte. Etwa eineinhalb Stunden später wagte auch ich mich aus dem warmen Bett und liess den Tag auf mich zukommen.

Von Mary war weit und breit keine Spur. Eigentlich wollten wir heute etwas zusammen unternehmen und ich wunderte mich wo sie so lange blieb. Gegen Mittag tauchte sie dann plötzlich auf, sie hatte sich nach dem sie Frühstück gemacht hatte noch einmal auf’s Ohr gehauen. Offenbar hat sie einen gesunden Schlaf. Ich erinnere mich nicht, wann ich das letzte Mal so lange geschlafen habe.
Stürmische "Oregon Coast"
Wir fuhren in’s nahe Hafenstädtchen Port Orfort wo überhaupt nicht viel los war. Wir gingen einkaufen, die meisten Läden hatten geschlossen da heute Washington's Birthday zelebriert wird. Viele Amerikaner glauben aber, dass dieser Feiertag "Presidents' Day" heisst und beide Präsidenten, Washington und Lincoln, ehren soll, deren Geburtstage der 22. bzw. 12. Februar war. Wie dem auch sei, Hauptsache Feiertag.

Auch statteten wir dem Leuchtturm von Cape Blanco einen Besuch ab, allerdings regnete es schon wieder so dermassen, dass wir uns schon gar nicht aus dem Auto wagten. Auf dem Rückweg in die Lodge fuhren wir die Elk River Road weiter hoch und ich war erstaunt in welch schlechter Kondition die Strasse war. Der Grund dafür wurde mir dann schnell einmal klar. Die Strasse rutschte vor einiger Zeit ab und wurde nicht mehr instand gestellt. Aus den Furchen wuchsen Büsche und  der Belag war teilweise mit Moos überzogen.

Die Sicht auf den Elk River war dafür umso schöner. Weit unten im Tal suchte sich der smaragdene Fluss seinen Weg durch das wilde Tal, umzingelt von bärtigen Zedern. Urwald pur. Die Gegend einsam und verlassen, gespenstisch und doch wieder faszinierend. Das Klima hier an der Küste ist sehr mild und feucht, folge dessen blühen um diese Jahreszeit schon viele Büsche und die Wiesen sind übersät mit gelben Narzissen.

Kurz nach 17.00 Uhr kamen unsere Fischer vom West Fork of Milicoma River zurück. Verblüffender Weise hatten sie keinen Regen, was wir ja nicht behaupten konnten. Sie hatten viel Spass, aber keinen einzigen Fisch gefangen.

Später kam Tari die Köchin und zauberte ein tolles Menu auf den Tisch. Heute gab es Hacktätschli, Kartoffelstock und Salat, dazu ein selbst gebackenes italienisches Brot. Da soll man einer sagen, die Amies könnten nicht kochen. Dem ist weit gefehlt.

Nach dem Essen schauten wir uns einen Film über’s Steelhead fischen an und gegen halbzehn gingen wir alle zu Bett.

Auch heute hiess es um 6.00 Uhr wieder „fish on“. Ich kam ja wieder in den Genuss ein wenig länger liegen zu bleiben. Um 10.00 Uhr frühstückten Mary und ich zusammen. Wie ich dieses American Breakfast liebe, nicht ganz gesund aber total lecker.

Tari und ich fuhren danach nach Port Orfort in einen Quilt Shop. Die prächtigen Patchworkdecken hatten es mir gleich angetan. Aber dies konnte ich Marco nicht antun, der hätte eine Krise gekriegt wenn ich mit solch einer Decke angekommen wäre.

Am Nachmittag fuhren Mary und ich noch einmal in den Ort runter, sie musste noch in die Laundry und was einkaufen. Auch gingen wir noch zum Hafen von wo aus wir einen kleinen Spaziergang hoch über der Küste machten.

Die Fischer kamen heute etwas später zurück als gestern und hatten viel zu erzählen. Das Auto war im Dreck stecken geblieben und beim raus ziehen wurde Bruno förmlich betoniert vom Dreck der unter den spulenden Räder heraus spritzte. Sie hatten uns so viel zu erzählen und hatten offenbar viel Spass.
Tari unsere tolle Köchin
Mark fragte mich dann: „ het’s fescht grägnet hüt“, allerdings verstand ich kein Wort und das Gelächter ging los. Mark begann dann im Wörterbuch zu blättern, die Wörter die zu Tage kamen waren so was vom lustig und schliesslich sagte er tatsächlich zu Dave „du dumme Pute“. Ich versuchte dann klar zu stellen, dass Dave keine Pute ist, da er ja männlich ist, höchstens ein blöder Affe, wofür sich Dave dann sehr bedankte.

Das Abendessen war auch wieder klasse, Schweinsmedaillons, Kartoffeln, Gemüse und Salat. Zur Nachspeise gab es Nusskuchen.

Am 18. Februar solidarisierte ich mich mit Marco und stand auch um 6.00 Uhr auf. Heute stand unter anderem Bandon auf dem Program. Ein wirklich schmucker Ort direkt am Meer. Die Fahrt war richtig anstrengend da ein heftiger Wind ging, welcher uns beinahe von der Strasse fegte.

Auch mussten die Autos der Fischer, welche mit dem Driftboot auf dem Elk River unterwegs waren an den Fluss bringen, damit die Rückfahrt zur Steelblue Chameleon Lodge gesichert war. Fische wurden auch heute keine gefangen, aber immerhin gab es die ersten Bisse und Fische wurden  gesichtet.

19. Februar, wieder Dauerregen. Nach dem Frühstück unterstütze ich Tari, half ihr die Wäsche machen, Staub wischen, putzen, kochen, einfach alles was halt so anfällt. Für mich eine tolle Sache mit ihr zusammen zu sein, da sie kein Deutsch kann, konnte ich viel von ihr lernen was man in der Schule nicht unbedingt mit bekommt.

Als mir dann Tari von einem Racoon erzählte, welcher sich nachts hinter die Abfalleimer gemacht hätte, hatte ich keinen Schimmer um was für eine Spezie es sich handeln könnte. Ihren Gesten nach musste es was grosses mit Flügeln sein. Eine Fledermaus vielleicht? Allerdings wäre dies ja ein „Badman“, vielleicht eine spezielle Sorte? Wörterbuch sei dank, ein Waschbär war der Täter.

Die Jungs kamen auch heute wieder ohne Fisch zurück und Bruno drohte sich erst wieder zu rasieren, wenn er einen Fisch gefangen hat. Michi und Dave meinten dazu nur, „dann bekommst du aber einen langen Bart“. Michi ist es nun auch klar wieso alle Guides hier einen Bart haben und es wunderte ihn sogar, dass die Frauen keine Bärte tragen.

Am 20. Februar wollten wir eigentlich alle mal ausschlafen. Die neuen Gäste machten aber solch einen Lärm, dass wir nicht mehr schlafen konnten. Dave wollte uns heute ein wenig die Umgebung zeigen und so fuhren wir nach dem Frühstück los.

Heute war es extrem kalt und windig. Die Elk River Road kannte ich ja schon, die Anderen aber nicht, daher fuhren wir noch einmal hoch. Danach ging’s wieder zurück an die Küste zum Leuchtturm von Cape Blanco. Wir kriegten die Autotüren fast nicht auf und als wir es endlich geschafft hatten nach draussen zu kommen blies es uns fast von der Klippe. So etwas hatten wir echt noch nie erlebt. Sand und Regen peitschten uns in’s Gesicht und wir konnten uns kaum auf den Füssen halten.

Weiter ging die Fahrt nach Bandon. Bruno und Michi waren nicht mehr zu halten und steuerten gierig jeden Laden den es in dem kleinen Ort gab an. Schlimmer als Frauen. Bruno kaufte für Familie und Freunde massenweise T-Shirts. Später gingen wir in das Shopping Center im Ort und da sich der Hunger langsam breit machte, entschieden wir uns für ein frisch zubereitetes  Sandwich.

Wir bekamen einen Zettel wo wir ankreuzen konnten, was man begehrte. Jeder stellte sich sein eigenes Brot zusammen und für 4.28 Dollar bekamen wir ein halbes U-Boot. An solche Portionen muss man sich schon noch erst gewöhnen.

Bruno konnte sein Sandwich kaum essen, der Meerrettich den er versehentlich ankreuzte  war so scharf dass es ihm die Tränen in die Augen trieb und ihm ganz heiss wurde. Normalerweise war ja Bruno immer als erster fertig mit essen, diesmal mussten wir lange warten bis er den letzten Bissen runter bekam.

Eigentlich wollte Dave noch den Drachen steigen lassen aber dafür hatte es definitiv viel zu viel Wind. Um 15.00 Uhr waren wir dann bereits wieder zu Hause. Marco kann ja nicht ruhig sitzen und ist seither am Holz spalten. Bruno und Michi schreiben Karten und ich vertraue mich meinem Tagebuch an.

Zum Abendessen gab es Gulasch, Reis, Crevetten-Salat und Knoblauchbrot. Also Tari kochte wirklich fantastisch. Nach dem Essen wurde natürlich noch über’s Fischen geredet. Bruno und Michi setzten sich an den Tisch und banden noch ein paar Fliegen.

21. Februar. Die ganze Nacht über stürmischer Dauerregen . Für mich ein ganz klarer Fall aus zu schlafen, gar keine Frage. Um 6.45 Uhr kam Marco schon wieder zurück und liess mich wissen, dass das Wasser viel zu hoch sei um zu angeln und wir stattdessen einen Ausflug machen würden. Also, schnell aus dem gemütlichen Bett, um mit den Anderen zu frühstücken. Es gab Rösti, Fleisch und Eier und bald darauf waren wir gut gesättigt unterwegs Richtung Goose Bay.

Bruno und Michi wollten am Milicoma River angeln, mussten aber ihr Vorhaben schnell aufgeben, es hatte einfach wirklich viel zu viel Wasser. Wir besuchten die Hatschery am West Fork of Milicoma River und wurden freudig begrüsst. Vermutlich verirrten sich nicht so viele Besucher hier her und schon gar nicht Europäer. Es war ganz spannend, wir liessen uns einiges erklären, tranken ein Bierchen zusammen, welches Mark offerierte und setzten unseren Ausflug fort.

Nächster Halt war die Golden and Silver Falls Natural Area. Nur 24 Meilen nordöstlich von Coos Bay liegt diese Märchenwelt in welche uns Mary und Mark entführten. Es war einfach zauberhaft  wie in einem Elfenwald und wir alle waren total fasziniert. Auch die Wasserfälle waren gigantisch und sehr beeindruckend. Ohne unsere Gastgeber hätten wir diesen Flecken Erde wohl nie aufgesucht.
Unterwegs im Elfenwald
Überraschenderweise regnete es für einmal nicht am Stück, die Sonne zeigte ihr Lachen und wir stellten fest, dass auch in Oregon der Himmel blau ist. Wer hätte das gedacht. Unsere Fahrt ging dann wieder zurück an die Küste wo wir in Charleston in einem Steak & Seafood Restaurant einkehrten.

Das Essen schmeckt vorzüglich. Marco bestellte sich Krabben, die anderen Zwei genehmigten sich ein Steak an einer Pfeffersauce und Pommes Frites. Da ich nicht so ein Fleisch und Fischtiger bin, entschied ich mich für Fettucini mit Gemüse. Das Wetter wechselte inzwischen von Sonnenschein über Regen bis Hagelschauer.

Der Wettergott zeigte doch noch ein wenig Erbarmen und wir konnten unsere Rückfahrt der Küste entlang bei wunderschönem Sonnenschein geniessen. Tari zauberte einmal mehr ein wunderbares Essen auf den Tisch, Mark grillierte Steaks und der Leser wird es nicht glauben, Bruno ass drei Stück und zu guter Letzt sogar noch Dessert. Marco und ich verzichteten gerne darauf, heute hatten wir ja wirklich genug gegessen.

Am Morgen des 22. Februars mussten wir schon um 5.00 Uhr aufstehen, denn heute ging es nach Californien. Das Frühstück liessen wir ausfallen, Tari gab uns dafür warme Sandwich mit auf den Weg. In der Dunkelheit fuhren wir los nach Winchuck. Mark meinte dass man(n) da bestimmt angeln könnte.

Leider führte auch der gleichnamige Fluss zu viel Wasser und die Sache war schnell besprochen.
Mark wollte seine Gäste nicht enttäuschen und meinte der Smith River in California sei immer klar, also schon fast ein Geheimtipp. Ich traute dieser Sache nicht so. Leider waren meine Bedenken nicht unberechtigt. Der Smith River war auch trübe und führte viel zu viel Wasser, kein Wunder, es regnete ja schon seit Tagen. Mark konnte es kaum fassen.

Wir entschlossen uns den nahe gelegenen Redwood National Park auf zu suchen. Die Bäume welche wir hier zu sehen bekamen waren so gigantisch, wir konnten es fast nicht glauben. Auf Vancouver Island sahen wir 1994 auch solche Bäume, aber dies hier übertraf einfach alles

In der Hatchery am Smith River wurden wir vier Schweizer noch fast zur Dorfattraktion. Das Fischmarkieren war voll im Gange und wir durften mithelfen. Es war mega spannend, wir lernten viel Neues dazu und hatten dabei auch noch mächtig viel Spass. Die einheimischen Helfer waren stolz mit uns zusammen diesen Job zu machen und wir hatten sogar noch ein Interview mit der ortsansässigen Zeitung.

Es wurden noch zwei Fischerläden aufgesucht bevor es dann wieder zurück zur Lodge ging. Wir stoppten noch da und dort am Meer und liessen uns von dieser wilden Küste verzaubern. Schade, für kurze Zeit hatte es aufgehört zu regnen, aber nur für kurze Zeit.

Für einmal bereiteten Marco und ich das Abendessen vor. Es gab Älpler Macronen und Apfelschnitze. Das typische Innerschweizer Gericht schmeckte allen und wir waren froh, dass es so gut ankam.

Heute standen wir um 6.00 Uhr auf und ich war glücklich, dass es für einmal nicht regnete. Ich hatte mich gestern entschlossen auch mal mit auf den Fluss zu gehen. Als ich dann allerdings aus dem Badezimmer kam hörte ich ein mir wohl bekanntes Geräusch. Regen!

Nach dem Frühstück fuhren wir zur Hatchery hoch wo wir die Boote zu Wasser liessen. Michi und Bruno waren mit Dave im Boot und Marco und ich mit Mark. Wir drifteten den Fluss runter bis zu einem klaren Seitenbach, wo wir auf einen Sandbank anlegten. Der Erfolg blieb aber aus, kein Fisch weit und breit. Das Wetter wurde zunehmend schlechter und keiner glaubte mehr daran, dass sich dies noch ändern könnte.

Zu allem Elend wurde es auch immer kälter, inzwischen hing der Nebel über dem Fluss wie im Spätherbst und so entschieden wir uns zur Lodge zurück zu gehen. Das Highlight des Tages waren die Stromschnellen welche wir souverän meisterten als wir den schönen Fluss hinunter driften.

Michi und ich fuhren danach nach Port Orfort um das kleine Städtchen einmal gründlich unter die Lupe zu nehmen, was, wie ich ja bereits wusste, schnell getan war. Marco, Bruno und Dave fuhren zum Garrison Lake um zu angeln, aber auch dieses Unternehmen blieb erfolglos.

Danach sassen wir alle auf der Terrasse beisammen und genehmigten uns einen Drink. Nach einem hervorragenden Abendessen, gingen wir zum Hafen um Krabben zu fischen. Was für ein spannendes Unterfangen. Es wurde irgendein scheussliches Fleisch welches schon vor sich her moderte in den Korb gelegt und danach wurde dieser zu Wasser gelassen.

Nach ca. 30 Minuten zogen wir den Korb wieder hoch und siehe da, es waren tatsächlich Krabben drin. Die Weibchen mussten wieder zurück gesetzt werden. Die Männchen mussten ein Maas haben, welches sich ganz praktisch mit einer Dollarnote messen liess. Grün bis grün, dann durften wir die Krabbe behalten.

Inzwischen wurde es kalt, Marco machte Kafi Schnapps damit wir uns wieder aufwärmen konnten. Nicht unbedingt der beste Einfall. Die Einen hatten ja schon vorher einen über den Durst getrunken und schon genügend Intus.

Die Krabben gingen uns auch nicht mehr in’s Netz, einzig ein furchterregender Fisch fand den Weg in den Korb. War aber nicht so unser Ding und so gaben wir ihm wieder seine Freiheit zurück. Später kamen dann die Boote rein und am sonst so ausgestorbenen Hafen herrschte reges Treiben. Bruno war dann noch einem Fischer behilflich sein Boot mit dem Kran rauf zu ziehen.

Die Körbe der Fischer waren rappelvoll, unglaublich! Offenbar hatten die Fischer Mitleid mit uns. Sie gaben uns einen alten vergammelten Lachs um unser Glück noch einmal zu versuchen. Es stank grässlich. Mark musste den Fisch zerstückeln und Michi und Bruno hatten das Vergnügen das Stinkteil im Korb zu befestigen. Michi liess seiner Fantasie freien Lauf und ein dummer Spruch am andern fiel. Es war wirklich lustig.

Unser Korb blieb aber seltsamerweise trotz des professionellen Vorgehens leer. Wir bekamen dann noch eine Krabbe von einem der Fischer geschenkt und hatten so immerhin fünf Stück zusammen. Der Himmel war von tausenden von glitzernden Sternen übersät, ein überwältigendes Bild. In der Schweiz sieht man so was kaum, nicht einmal in den Bergen.

Das Kochen der Krabben fand ich dann allerdings nicht so toll und eines ist sicher, ich werde nie mehr in meinem Leben Krabben kochen. Es tat mir so leid diese Tiere lebendig in’s kochende Wasser zu werfen.

Am 24. Februar schlief ich mal wieder schön lange, bis mich Tari um 9.00 Uhr aus den Federn holte. Heute war der Himmel blau. Ich konnte es kaum fassen. Das erste Mal seit Tagen schönes Wetter. Fast schon ein Wunder.

Beim Frühstück erzählte mir Tari dann was gestern Nacht noch passiert war. Earl und Mike fuhren mit Marks Mutter und Linda zurück und wurden vom Sheriff gestoppt da sie mit über 50 Meilen unterwegs waren, anstatt der erlaubten 30. Es gab dann noch mehr Ärger, weil Linda eine Flasche Alkohol mit sich führte und diesen sogar noch trank. Hier wird ein solches Vergehen sehr ernst genommen. Der arme Earl, was der wohl zu Hause erzählte?

Helen weckte sogar Tari mitten in der Nacht auf, weil sie sich sorgte, dass auch wir in die Kontrolle gekommen sein könnten. Aber wir sind ja glücklicherweise heil und unbescholten nach Hause gekommen.

Heute war ja genau der richtige Tag um einen Ausflug an’s Meer zu machen. Es war einfach toll. In Bandon sahen wir viele Seelöwen und gigantische Wellen welche mit aller Wucht gegen die Felsen prallten um sich dort schäumend überschlugen.

Am Ufer stehen überall Schilder was bei einem Tsunami zu tun ist, sprich in welche Richtung man sich begeben sollte. Der letzte Tsunami ist zwar schon eine ganze Weile her, aber es ist durchaus möglich, dass diese Gegend wieder einmal von solch einer Katastrophe heim gesucht werden kann.

Wir gingen dann noch shoppen, kauften Lebensmittel für die Lodge und gingen dann an einer Rest Area am Strand etwas essen. Es war ein so herrlicher und sonniger Tag und wir genossen es auf’s weite Meer hinaus zu schauen und einfach die Seele baumeln zu lassen.

Schlussendlich bekamen wir dann fast noch Stress, da wir die Zeit vergassen. Tari musste ja das Abendessen vorbereiten. Es gab Gemüse, Porceta (ital. Braten), Nudeln mit Muscheln, Salat und zum Dessert noch einen leckeren Apfelkuchen. Tari kocht wirklich wie ein Weltmeister.

Michi und Bruno hatten heute schon wieder Pech und wollten schon aufgeben, obwohl sie wussten, dass es nicht einfach werden würde. Sie kamen früher als sonst zurück und waren kaum mehr zu motivieren. Marco hatte immerhin zwei Bisse und ich sah heute im Fluss unten einen Prachtbrocken springen. Ich wünschte mir so, dass ich noch glückliche Gesichter heimkommen sehen würde.

25. Februar. Die ganze Nacht über regnete es in Strömen. Gestern Abend hatte ich den Jungs versprochen auch mit auf den Fluss zu kommen. Wunderbar!

Beim Frühstück erfuhren wir dass Mark und Mary mitten in der Nachtnach Californieren gefahren sind, da Marks Vater, welcher schon länger krank war, in’s Koma gefallen war. Was für eine schlechte Nachricht. Die Stimmung war natürlich sehr bedrückt, schliesslich kannten ja alle Marks Vater sehr gut.

Ich konnte jetzt natürlich nicht mit zum Angeln gehen, da Dave ja bereits sein Boot voll hatte und Rich mit Earl und Mike unterwegs war. Scott fiel aus, da er sich eine Magenverstimmung eingefangen hatte.

Tari und ich machten dann zusammen den Haushalt und den Shuttle für die Autos, was einige Zeit in Anspruch nahm. Danach gingen wir nach Port Orfort einkaufen. Bruno und Michi brauchten ja noch Zigaretten und Tari benötigte auch noch zwei, drei Sachen.

Auf dem Rückweg besuchten wir noch einmal Cape Blanco, das Wetter war sehr wechselhaft. Mal schien die Sonne, kurz darauf war der Himmel wieder pechschwarz. Am Nachmittag riss der Himmel dann doch noch auf und wir konnten doch noch einen wunderschönen, sonnigen Tag geniessen. Das Tüpfchen auf dem i wäre jetzt noch wenn die Fliegenfischer heute auch mit solch einem strahlenden Gesicht nach Hause kommen würden.

Um 16.00 Uhr kamen sie dann zurück. Michi und Bruno steuerten geradewegs auf die Veranda zu, machten so ein fröhliches Gesicht, dass wir meinten, sie hätten nun endlich ihren Fisch gefangen. Als ich dann nach dem Fisch fragte, fragten sie mich nach den Zigaretten. Ja, sie konnten es kaum erwarten diese zu bekommen. Fische hatten sie auch gefangen, aber nicht mit der Fliege.

Tari und ich hatten es immer sehr lustig miteinander. Sie sagte immer ich sei ihr Helfeshelfer. Allerdings wusste sie nicht was es wirklich bedeutet. Heute meinte sie sogar, ich sei ein Goldgräber, beziehungsweise ein Schatzsucher, bis sich heraus stellte, dass sie einen Goldschatz meinte.

Auch trafen wir einmal „three fingered Bill“ im Waldstück oberhalb der Lodge. Ich sagte ganz anständig: „Hi, howya doin?“ Die Antwort die ich bekam war aber alles andere als dass was ich erwartete. Bill antwortete mir: „I ain’t worth a shit“. Ich war sprachlos. Wo lernt man schon was man hierzu sagen sollte. Natürlich lachten wir noch lange über diese Geschichte.

Der 26. Februar zeigte sich für einmal sehr sonnig und freundlich. Heute sind wir alle um 6.00 Uhr aufgestanden. Nach dem Frühstück brachten Tari und ich zuerst die Autos an den Fluss, bevor wir dann nach Coos Bay hoch fuhren. Coos Bay ist ein grosser Ort und hier bekommt man einfach alles. Dies war mit ein Grund, weshalb Tari hier hin musste. Allerdings hatte sie auch noch ein Interview in Charleston für einen Catering Job an einem Kongress.

Danach fuhren wir an die Küste wo sich viele Seelöwen tummelten und spazierten dem Strand entlang. Immer begleitet vom Rollen der heran tosenden Brecher. Wir waren wieder einmal zu spät dran und mussten uns beeilen. Das Abendessen musste noch vorbereitet werden. Wir scherzen noch, ob wir vielleicht an Daves Truck die Luft ablassen sollten, damit die Männer nicht all zu früh nach Hause kamen.

Ich versuchte noch nach Hause an zu rufen. Das Telefonieren ist hier immer so eine Sache. Man muss ja über einen Operateur raus telefonieren und dies klappt leider nicht immer auf Anhieb und ist manchmal sehr anstrengend.

Am heutigen Tag hatten alle einen Fisch gefangen, allerdings nicht mit der Fliege. Wir verbrachten den letzten Abend auf der Lodge und waren schon ein wenig bedrückt. Mary und Mark kamen auch heute nicht zurück und wir alle machten uns Gedanken darüber was wohl passiert sein könnte.

Am 27. Februar war es dann soweit. Wir mussten uns von diesem traumhaft schönen Ort und den uns an’s Herz gewachsenen Leuten verabschieden.

Bei schönstem Wetter fuhren wir Richtung Coos Bay. Bei einer Telefonkabine stoppten wir dann um Dave anzurufen, da wir uns vor unserer Heimreise noch treffen wollten. Er beschrieb mir den Weg zum Spinreel Campground wo wir uns dann von ihm verabschiedeten, Fotos machten und noch Geschenke austauschten.

Die Weiterfahrt dem Noth Umpqua River entlang war wunderschön. Der Fluss war glasklar und die Gegend ganz nett und friedvoll. Bei der Steamboat Lodge machten wir dann kehrt und fuhren zurück nach Roseburg auf die Interstate No. 5. Der Verkehr gegen Norden wurde immer dichter. Während Bruno und Michi vor sich hin dösten, zogen mega grosse und tolle Trucks an uns vorbei, kaum zu glauben wie viel Power die hatten.

Gegen 16.00 Uhr erreichten wir Eugene. Hier wollte Marco noch in den Fliegenfischerladen, welchen er letztes Jahr mit Beni entdeckt hatte. Nach kurzem Suchen hatten wir den Shop gefunden und die Jungs fanden sich im Paradies wieder. Es dauerte eine ganze Weile bis wir wieder aus diesem Laden raus kamen.

Zurück auf der Interstate No. 5 ging die Fahrt weiter Richtung Portland. Der Sprit neigte sich langsam aber sicher dem Ende zu und weit und breit keine Tankstelle. Merkwürdig, kurze Zeit zuvor donnerten wir noch an x Tankstellen vorbei und nun war weit und breit keine in Sicht.

Endlich dann die Erlösung. Wir tankten auf und quatschen noch mit einigen Lastwagenfahrern über ihre tollen Trucks. Die stolzen Fahrer gaben uns bereitwillig Auskunft über PS, länge der Fahrzeuge und so weiter. War wirklich spannend. Gegen 18.00 Uhr bezogen wir schliesslich ein Hotel in der Nähe des Flughafens.

Am Morgen des 28. Februars genehmigten wir uns noch einmal ein feines „american breakfast“. Danach ging’s mit Sack und Pack raus zum Auto, welches zu unserer Überraschung einen platten Reifen hatte. Zum Glück hatten wir genügend Zeit eingeplant. Marco wechselte den Reifen und los ging es.

Am Zoll gab es dann noch die eine und andere Schwierigkeit. Wo waren die Fischerruten hingekommen? Bruno musste dann auch noch seinen Rucksack auspacken und so kamen wir doch noch ein wenig in Stress.

Diese zwei Wochen waren wirklich toll. Auch wenn das Wetter nicht so war wie wir es uns gewünscht hätten und die Fische sich rar machten, so hatten wir doch mächtig viel Spass zusammen.